Was du bei der Planung von Fernwanderungen beachten solltest

Der Ausblick über San Anton mit selbst gebasteltem Rucksack

Bevor ich im Folgenden meinen Leitfaden für die Planung eines Wanderurlaubes aufführe, möchte ich mich den obligatorischen Vorbemerkungen für einen solchen Artikel widmen.

Es gibt keine 100%-Lösung zur Vermeidung von Gefahren, Unwettern oder kaputten Ausrüstungsgegenständen. Das da draußen ist die Welt, wie sie seit Millionen von Jahren herrscht. Da draußen gelten eben auch die Regeln und Zufälle dieser Welt. Wir sind es in dieser modernen Zeit gewöhnt, dass wir bei jedem Schritt abgesichert und vorbereitet sind. Wir sterben schon lange nicht mehr durch einen Föhn in der Badewanne, da die Sicherung rechtzeitig rausspringt. Diese 100-prozentige Sicherheit gibt es da draußen nicht. 

Und das ist doch auch das tolle daran! Du bist für dich selbst verantwortlich. So selbst verantwortlich, wie du es sonst selten in der modernen Welt bist. Ist das nicht genial? Die einzige Sicherheit die du da draußen hast, ist deine Vorbereitung und du lernst gleichzeitig dir selbst zu vertrauen.

Darum: Genieße diese Zeit der Vorbereitung und freue dich darauf, deine Erfahrungen mit jeder Tour wachsen zu sehen und zukünftig abwägen zu können, welches Stück Ausrüstung unnötig ist und welches dir das Leben so viel vereinfacht, dass du es am liebsten auch zu Hause benutzen möchtest. Bitte beachte, dass es keine 100-prozentige Vorbereitungstechnik, sondern nur Leitfäden wie meinen gibt. Welcher Leitfaden der richtige ist, oder dir am meisten zusagt, musst du selbst bestimmen. Also ran an diesen Leitfaden und danach raus mit dir, es gibt auch in unserer modernen Zeit  immer noch genug Abenteuer da draußen, an denen du wachsen kannst.

Wieviel Zeit hast du?

Das erste, was du vor einer Wanderung prüfst, ist die Zeit, die dir zur Verfügung steht. Also ob du ein Wochenende, ein- bis zwei Wochen oder gar einen Monat unterwegs sein möchtest. Anhand dieser zur Verfügung stehenden Zeit entscheidest du dich, für Ort  und Länge des Wanderweges. Die An- und Abreise spielen hier natürlich eine große Rolle.

Als Extrembeispiel: An- und Abreise zum Sarek Nationalpark in Nordschweden können zusammen schonmal 4 Urlaubstage auffressen. 

Ganz wichtig: Was du am wenigsten auf deiner Wanderung haben willst, ist Zeitdruck. Nichts ist schlimmer, als dem Alltag gleich von Check-Point zu Checkpoint zu rennen und dabei keinerlei Zeit zur Entspannung zu haben. Als Richtwert würde ich persönlich bei einer Woche Urlaub jeweils maximal einen Tag zur An- und Abreise einplanen. Bedeutet also, dass du deine maximale Gehreichweite und somit deine maximale Etappenlänge pro Tag kennen musst, um zu wissen ob du deine Wanderung in den fünf übrigen Tagen bewerkstelligen kannst.

Wie weit kommst du?

Kennst du deine maximale Reichweite mit vollem Gepäck? Wer noch nie los war kann diese schätzen und liegt dennoch fast immer falsch. Trotzdem gibt es Erfahrungswerte. Wanderbeginner sollten für sich täglich 12-20 km einplanen. Lieber immer etwas weniger. Das rührt auch daher, dass du anfangs wahrscheinlich viel unnötiges Zusatzgepäck bei dir hast. Dein Gepäck ist an deiner Gehzeit maßgeblich beteiligt! Der Grund ist denkbar einfach: Frei nach dem amerikanischen Wanderguru Ray Jardine: Je mehr du trägst, desto schwerer dein Rucksack, desto mehr Energieverbrauch, desto mehr Wasser- und Essensvorräte werden benötigt, ein Teufelskreis also.

Übrigens: ein/e durchschnittlich erfahrene/r Wanderer/In läuft an einem vollen Wandertag anfangs um die 25 km, am Ende sind locker 30 bis 35 km drin. Langstreckenwanderer/innen und Pilger/innen können irgendwann auf 50 oder sogar noch mehr Kilometer pro Tag kommen!

Also: Setze deine Etappen anfangs kurz. Im durchschnittlichen nichtalpinen Gelände sind täglich 12 bis 20 km machbar, das gilt ca. für den Sektor von Nordbayern bis Schweden. Fange anfangs langsam an und steigere dich auch langsam. Leider sind die Füße der Part, der erst schmerzt, wenn eine Verletzung oder Entzündung da ist. Die Heilung dauert oft sehr lange. Also gehe sanft mit deinen Füßen um, die Big Steps machst du dann später und merkst von selbst wenn es soweit ist. Das Wandern ist (meistens) kein Wettrennen.

Foto von DjingleDjango: Frühstück in der Lüneburger Heide

Wie kannst du Etappen unterteilen?

Nachdem du grob deine Etappenlänge festgelegt hast, kommst du nicht umhin, deine Etappen genauer zu planen. Als allererstes: Informiere dich, ob und wie es an deinem Wanderziel erlaubt ist draußen zu schlafen. Achtung: das kann in Deutschland von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein! Generell gilt, dass Zelten nicht erlaubt ist. Also hält man in der Regel nach Campingplätzen, Jugendherbergen und Hotels entlang der Route Ausschau. An manchen Premiumwanderwegen gibt es auch bezahlbare Trekkingplätze. Es gibt aber auch oft genug Grundstückseigentümer, oder Kirchen entlang des Weges, die es einem auf Nachfrage erlauben dort zu zelten. In Skandinavien (außer Dänemark) und teilen der Schweiz gilt das Jedermannsrecht, was es dir erlaubt überall für eine Nacht zu zelten, auch gibt es oft dreiseitig geschlossene Schutzhütten in denen du nächtigen kannst.

Solche Schutzhütten sind auf Karten eingetragen und sollten der Einfachheit halber deine ersten Etappenabschnitte festlegen. Auch schöne Seen sind in Schweden ein gutes Etappenziel, können zur falschen Jahreszeit aber Mückenbefall bedeuten. 

Ich suche mir mittlerweile vorab einen etwas weiter gefächerten Bereich auf der Karte aus, gerne an Waldrändern und sage mir dass ich ab da nach einem Schlafplatz Ausschau halte. Wenn ich noch Lust habe weiter zu gehen, oder es wirklich gar nichts zum Schlafen gibt, dann gehe ich so lange bis ich einen wirklich schönen Platz finde.

Teste doch einfach mal auf einem Wanderweg in deiner Umgebung was dir eher liegt. Die Sicherheit eines festen Routenplanes, oder die Spannung, ob hinter der nächsten Ecke der Traumzeltplatz auf dich wartet. 

Hier noch zwei wichtige Verhaltensregeln beim Zelten und Wandern:

Es gilt die weltweite Wanderregel: “Leave no Trace, take nothing but pictures”. Das bedeutet dass du keinen, genau (!), keinen Müll hinterlässt. Nimm immer eine Mülltüte mit, oder benutze eine unterwegs geleerte Chipstüte. Fremder Müll darf auch gerne aufgesammelt werden. Diese Regel ist übergreifend mit einer genauso wichtigen Regel: Niemals machst du ein Lagerfeuer im Wald. Auch wenn es noch so romantisch ist. Ausnahmen sind offizielle Feuerstellen, wenn keine Waldbrandgefahr vorherrscht. 

Wo schläfst du?

Oder besser gefragt: Wie schläfst du? Wie oder wo fühlst du dich am wohlsten? Staubig unter einer Plane im Wald, im Zelt auf einem gemähten Campingplatz, oder im frisch gemachten Bett im Hotelzimmer?

Ich habe das Thema Übernachtung im vorherigen Kapitel ja schon angeschnitten: Du musst dir natürlich vorher im klaren sein wo du übernachten möchtest, und welche Möglichkeiten dir offen liegen. 

Was mir persönlich am besten gefällt ist die kostenlose Variante des draußen Schlafens.

Foto von DjingleDjango: Ein Tarp entlang des Ostsee-Fernwanderweges E9

Die leichteste Variante ist gar keine Behausung mit sich zu tragen und von Schutzhütte zu Schutzhütte zu wandern. In Skandinavien geht das sehr gut. An den großen Wegen steht alle 15-20 km eine. Allerdings kannst du nie wissen, wie gut diese in Schuss ist. Es ist also eine gesunde Portion Pokern mit im Spiel. Aber das kann ja auch mal ganz nett sein.

Dann gibt es noch das Tarp-Zelten. Eine gespannte Plane oder fester Baumwollstoff, welche ohne Wände auskommen. Diese Art des trockenen Schlafens ist genau genommen kein Zelten, sondern zählt zum biwakieren (was vielerorts in Deutschland legal ist 😉 ). Der Vorteil ist, dass sich durch den starken Durchzug weniger Kondenswasser auf der Innenseite absetzt. Das wichtigste Argument ist das sehr geringe Gewicht das man mit sich trägt. Nachteile sind für zartbesaitete (wie mich) Insekten, die zu Besuch kommen können, oder evtl. starke Nässe durch einschlagenden Regen. Ich selbst habe mich am Tarp noch nicht versucht, werde es aber sicher mal testen. Viele nutzen Stöcke, die sie vor Ort finden und als Stangen benutzen. Was auch vielerorts erlaubt ist, ist das Boofen, das Schlafen in natürlichen Höhlen. 

Die schwerste aber komfortabelste Schlafvariante draußen ist das Zelt. oder die Kombination aus Hängematte und Tarp. Das kann mit 2,5 kg bis 5 kg schonmal schwer werden. Dafür hast du das sichere Gefühl von vier Wänden und schläfst (fast) immer trocken. Achtung: Es ist in Deutschland fast überall eine Ordnungswidrigkeit wild zu zelten. Also musst du nach geltendem Recht den Besitzer des Grundstücks fragen, ob du dort zelten darfst. Es gibt jedoch auch öffentliche Biwakplätze an den großen Wanderwegen. Dort kannst du gegen eine Gebühr legal zelten. Bitte erkundige dich vorher immer, ob du entlang deiner Strecke draußen schlafen darfst.

Die kostspieligste, aber für viele wichtig: sicherste Variante ist das Hotel oder die Jugendherberge. Entlang der großen Premiumwanderwege in Deutschland gibt es viele Gaststätten wo man sich einquartieren kann, auch gibt es betreute Touren, auf denen du dich quasi um nichts kümmern musst, außer von A nach B zu laufen. Diese Touren variieren auch zwischen Zelt- und Hotelübernachtung, je nach Wunsch. Also je nachdem wie du schlafen willst, kannst du deine Tagesetappen abstecken. Ob von Hotel zu Hotel, auf Zeltplätzen oder zwischen Seen und Wäldern, wenn die Entfernung stimmt und du deine Übernachtungsmöglichkeiten vorher festlegen kannst, ergeben sich die Etappenlängen fast von allein.

Der Ausblick über San Anton mit selbst gebasteltem Rucksack
Foto von DjingleDjango Der Ausblick über San Anton mit selbst genähtem Rucksack

Was nimmst du mit?

Ich werde hier nicht im Einzelnen aufzählen, was du alles benötigst, du musst selbst entscheiden und herausfinden was du schleppen möchtest. Ich möchte nur die übliche Vorgehensweise vorstellen, wie du entscheidest, was du mitnimmst. Diese ist zwar einfach und selbstverständlich, aber manchmal sind auch einfache Denkanstöße ganz gut. 

Der Gedanke dahinter ist alles zu Hause zu lassen, was du nicht brauchst. Gerade am Anfang tendiert man dazu die Hosenträger zusätzlich zum Gürtel zu tragen, also eine doppelte, oder dreifache Sicherung dabei zu haben. Zu 99% wirst du diese aber gar nicht brauchen und schleppst unnötiges Gepäck mit dir herum. Wenn du weißt, dass du nur in Jugendherbergen oder Hotels schläfst, dann lasse einfach das Zelt zu Hause. Du kommst fast täglich durch Orte mit Geschäften? Dann überlege doch, ob du einen Kocher und Topf wirklich benötigst. Auch einen Wasserfilter wirst du wahrscheinlich nicht benötigen.

Eine Axt und Säge wirst du in Deutschland auch nicht benötigen, da wir ja im Wald kein Feuer machen.

Diese Thema ist sehr schwammig zu beschreiben, da wir alle unterschiedliche Bedürfnisse haben. Man kann entweder zu viel oder zu wenig mit sich tragen, das erkennt man nur durch Erfahrung oder Tipps. Eine tolle Möglichkeit mehr über sich selbst zu erfahren.

Für mich persönlich bringt das Aussortieren noch etwas tolles mit sich: Je weniger ich trage, desto mehr Spaß habe ich, da ich schmerzfrei und entspannt wandern kann.

Als Anregung zwei Beispiele aus bisherigen Wanderungen:

Auf meiner Wanderung von Lübeck nach Polen habe ich mich ohne Kocher nur aus Supermärkten verpflegt und hätte so gerne morgens einen Kaffee gekocht! Das nächste Mal in Deutschland werde ich also doch wieder mit Kocher gehen.

Auf dem Jakobsweg hätte ich jeden Abend in Herbergen schlafen können und war so glücklich über mein extra eingepacktes Zelt, was mir so viel mehr zusätzliche Freiheit und Ruhe geschenkt hat. Hier hat sich also das Prinzip Hosenträger zum Gürtel bewährt.

Foto von DjingleDjango : Die spanischen Pyrenäen entlang des Jakobsweges

Tolle Theorie, aber das war zu viel Input. Wie setzt du das ganze um?

Ich werde nun ein praktisches Planungsbeispiel nehmen. In einem vorherigen Beitrag (Klick) habe ich bereits erklärt, wie man sich auf Waymarked Trails oder ähnlichen Seiten eine Route für eine Wanderung auf sein Handy lädt. Dieses Wissen ist nun sehr nützlich für uns. 

Ich bin in Norddeutschland wohnhaft und hatte im August 4 Tage über ein langes Wochenende frei. Ich habe mir tatsächlich schon länger vorgenommen, dass ich eine Tour durch meine alte Heimat, die Lüneburger Heide machen möchte. Der sogenannte “Kultur-Findlinge Wanderweg” führt von Jesteburg nach Lüneburg und hat eine Gesamtlänge von 88 km. 

Reisedauer:

Die An- und Abreise von und nach Kiel klappt hervorragend innerhalb von 3 Stunden mit Bus, Bahn oder noch schneller mit dem Auto, was für mich bedeutet, dass ich 4 effektive Wandertage und drei Übernachtungen habe. 

Etappen:

Ich kann die Tour also ganz einfach in 4 Etappen à 22 km aufteilen. Achtung: die Lüneburger Heide kennt als höchste Steigung den Wilseder Berg, Höhenmeter sind also nicht zu berücksichtigen. Die können das ganze maßgeblich verlängern.

Eine wichtige Rolle bei den möglichen Kilometern spielen auch das Rucksackgewicht und die Wahl der Schuhe.   

22 Kilometer am Tag sind für erfahrene Wanderer kein Problem, für Beginner können die schon recht knackig sein. Wer also neu ist, sollte vorsichtshalber einen fünften oder sechsten Tag einplanen.

Unterteilung: 

Es wäre auch recht einfach an drei Tagen zu schaffen, ein Ziel ist es aber auch, für eine Nacht bei unseren Eltern einzukehren, wodurch bei einer Dreitagestour der vorherige oder nachfolgende Tag übermäßig lang wäre. Der Ort meiner Eltern ist also der Fixpunkt der Tour und wir planen die anderen Übernachtungen darum herum.

Schlafplätze:

Die erste Nacht werden wir in einer Schutzhütte in der Nähe des Wilseder Bergs schlafen, die zweite Nacht bei unseren Eltern und die dritte werden wir einfach mal auf uns zukommen lassen, wir haben ja ein Tarp dabei. 

Gepäck: 

Wir nehmen das Tarp ab unserem Elternhaus mit und nehmen aus Gründen des Luxus den Kocher für morgendlichen Kaffee mit. Ansonsten wird sich aus den Supermärkten der Orte verpflegt, die wir durchkreuzen.

Siehst du? Ist doch gar nicht so schwer. Nein allen ernstes! Nach zwei bis drei Touren, wenn du dich und deine Bedürfnisse, sowie deine Ausrüstung kennen gelernt hast, ist das stressigste an der Tourenplanung die An- und Abreise mit Bus oder Bahn, der Rest “geht” von alleine.

Wenn du also in Zukunft auch Wanderungen mit Übernachtungen machen möchtest, dann

nimm eine Tour vor der Haustür, teste dein Equipment auf Probewanderungen, mache eine Übernachtung, schaue, was du nicht benötigst. Erst dann würde ich dir zu einer längeren Tour im Ausland raten. 

Über den Autor
Björn wuchs im schönen Raven bei Lüneburg auf, damit wurde ihm die Nähe und Liebe zur Natur also schon in die Wiege gelegt, obwohl er eigentlich ein Stubenhocker war. Im Alltag als Bauingenieur tätig, nutzt er nun seine Freizeit und Urlaube um die Welt zu Fuß zu entdecken und zu entschleunigen – am besten so ursprünglich wie möglich. Wir freuen uns, dass er seine Erfahrungen mit uns auf unserem Blog teilt und sind gespannt auf seine nächsten Abenteuer samt Tipps & Tricks.

Ein Geschenk der Natur

Quellenangabe: Alle Texte und Fotos von Björn Dziambor (Instagram: Djingledjango)

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